Bisher hat Leica für die Disto Entfernungsmesser, die über eine Bluetooth-Schnittstelle verfügen, die App „Disto Sketch“ angeboten. Diese App passte für alle aktuellen Geräte der letzten Jahre.
In den Tests des Disto D110 und des Disto D510 haben wir diese App genauer unter die Lupe genommen. Vor allem mit dem letztgenannten Laserentfernungsmesser ist die App, die auch auf dem schon älteren Galaxy S4 Smart-Phone läuft ein treuer Begleiter. Für die Dokumentation von Messungen vor allem auch in Verbindung mit der Eintragung von Massen in Fotos, die mit dem Handy gemacht wurden, ist die App echt spitze.
Für die neuen Disto Geräte aus dem Jahr 2018, also den Disto X3 und Disto X4 gibt es nun die neue App „Disto Plan“, die aber auch zu den bisherigen Disto D1, D2, D110, D510, D810 und S910 kompatibel ist. Diese App schauen wir uns hier genauer an, weil sie spannende Funktionen bietet und ein noch spannenderes oder sollten wir sagen umstrittenes Preismodell mit sich bringt.
Die neue App «DISTOTM plan» kann vieles mehr und steigert die Möglichkeiten und den Komfort, allerdings sind dazu In-App-Käufe notwendig und das Preismodell sieht für die Zusatzfunktionen monatliche oder jährliche Kosten vor. Die kostenpflichtigen Funktionen in der App sind:
- Smart Room
Grundrisse einfach im Uhrzeigersinn oder in Gegenrichtung aufnehmen. Sobald alle Masse erfasst sind, errechnet die App den Grundriss - P2P Measure
Die Punkt zu Punkt Technologie ermöglicht detaillierte Grundrisse und Pläne von Wänden zu erstellen. Ausserdem kann man damit auch schwer erreichbare Punkte messen - PDF Pro Export
Pläne als professionelle Berichte teilen und speichern. Dabei werden Projektdetails, georeferenzierte Pläne und detaillierte Informationen zu Formen und Öffnungen dokumentiert - CAD Export
Exportiert die Plandaten in die Formate DXF und DWG sowohl in 2D wie auch in 3D.
Die mit der P2P Technologie aufgenommenen Daten können als 2D Projektionen oder als echte 3D Daten exportiert werden.
Nach der Lancierung der App kam teilweise deutliche Kritik zum Preismodell auf und es wurde der bescheidene kostenlose Funktionsumfang kritisiert. Hier hat Leica inzwischen etwas nachgebessert und zumindest einfache Export-Funktionen (als PDF oder als JPG) in die kostenlosen Funktionen integriert.
Die Installation der Disto Plan App auf dem schon erwähnten Samsung Galaxy S4 klappte nicht, weil das Gerät zu alt ist. Also haben wir ein Acer Tablet für den Test verwendet, das zwar deutlich jünger aber relativ günstig ist. Wer will schon ein Top-Handy oder teures Tablet anschaffen, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Für Einsätze im Freien und auf Baustellen möchten wir kein teures High-End Tablet benutzen, ausser es wäre gleich robust wie die Distos aus der X-Serie.
Grundsätzlich: Die Bedienung der App ist nicht kompliziert und braucht wenig Eingewöhnungszeit. Statt einer Online-Hilfe, PDFs mit Erläuerungen oder einer klassischen Anleitung bietet Leica eine aus der App verlinkte Liste an Demo-Videos, die gezielt einzelne der (Zusatz-)Funktionen erklären.
Zum Test der Disto Plan App
Die Funktionen sind recht umfangreich, daher wird hier (zumindest bislang) nur über einen Teil der Zusatzfunktionen berichtet. Untersucht und ausgiebig ausprobiert haben wir das kostenlose Grundmodul und die Zusatzmodule Smart Room, PDF Pro Export und CAD Export.
Vermassen in Foto
Ähnlich wie in der Vorgänger-App kann man ein Foto, das man mit dem Smartphone oder Tablet aufnimmt, mit Vermassungen in Form von Linien oder Flächen versehen.
Diese Funktion benutzen wir häufig in der täglichen Praxis. Das Foto selbst hält die Situation und viele Details fest und zusammen mit der Vermassung ergibt sich eine sehr nützliche Dokumentation.
Hier folgt ein simples Beispiel einer Tür, deren Masse aufgenommen wurden. Zugleich kann an diesem Beispiel auf die verschiedenen Export-Funktionen eingegangen werden. Das vermasste Bild haben wir als JPG, als (kostenloses) PDF und als PDF Pro Export gespeichert.
Die links als JPG dargestellte Tür haben wir auch in PDFs exportiert.
Das mit der kostenlosen Funktion erstellte Standard-PDF der Tür enthält die gleichen Informationen wie das Bild.
Das mit der Zusatzfunktion erstellte Pro PDF der Tür enthält ein Deckblatt mit Angaben zur Firma, zur Adresse des Messorts, dann die gleichen Informationen wie das Bild und zuletzt eine Seite mit den einzelnen Messdaten.
Grundriss erstellen mit Sketch Plan
„Sketch Plan“ gehört zum kostenlosen Umfang der App. Die bisherige App bot eine ähnliche Funktion an, daher gehen wir hier nur kurz auf die Sketch-Funktion ein.
Man skizziert mit wenigen Linien die ungefähre Form des Raums. Danach werden die einzelnen Seiten mit tatsächlich gemessenen Längen ergänzt. Dabei setzt die App die Längen der Seiten in einen massstäblichen Plan um.
Der Grundrissplan kann dann mit Türen, Fenstern oder Wandöffnungen weiter detailliert werden.
Grundriss erstellen mit Smart Room
Die „Smart Room“-Funktion ist spannend und funktioniert nur mit den beiden neuen Laserentfernungsmessern Disto X3 und X4. Man misst die Entfernungen im Raum entlang den Wänden im Uhrzeigersinn oder entgegen diesem. Dabei ist darauf zu achten, dass das Display stets von der Wand hinweg zur Innern des Raums zeigt. Ist der Rundgang fertig, berechnet die App den Grundriss. Man kann auch noch die Raumhöhe messen, welche die App direkt als solche interpretiert und ein 3D-Modell erstellt.
Der Grundrissplan kann dann mit Türen, Fenstern oder Wandöffnungen weiter detailliert werden.
Test von Smart Room mit Raum 1
Der Raum ist langezogen und durch Möbel und andere Hindernisse sind die Wände nicht gut zugänglich. Ausserdem war der Test nicht auf höchste Genauigkeit, sondern auf Arbeitsgeschwindigkeit ausgelegt. So kann die „Smart Room“-Funktion zeigen, ob sie schneller und effizienter ist als das vorherige Skizzieren des Raums mit „Sketch Plan“.
Aus diesem Grundriss haben wir wieder PDFs erstellt und auch CAD-Daten exportiert. Im Detail waren dies 3D-Daten im DXF-Format.
Diese Daten haben wir kontrolliert, indem sie mit Bentley-View geöffnet wurde. Das ist der kleine Bruder von Microstation einem der renommierten CAD-Programme im Bauwesen.
Test von Smart Room mit Raum 2
Hier haben wir es spannend gemacht, weil Raum 2 zwar nur aus 4 Wänden besteht aber diese nur 2 rechte Winkel einschliessen. Ob Smart Room wohl erkennt, wo die schiefen Winkel liegen?
Das Ergebnis ist nicht selbstverständlich, denn die Winkel stimmen beinahe perfekt. Auch hier wurde wieder schnell und an Möbeln vorbei gemessen. Mit etwas mehr Zeit oder unter Baustellenbedingungen (also ohne Möbel) wäre das Resultat wohl noch besser geworden.
Dieses Mal wurde im DWG Format (2D) exportiert und wieder in Bentley View analysiert. Man kann übrigens Hilfslinien oder Kontrolllinien vermessen, so wie in diesem Fall die gstrichelte Raumdiagonale. Die Winkel passten aber bereits bevor die Diagonale ergänzt wurde!
Das PDF für Raum 2 aus dem Pro Export können Sie hier anschauen.
Weitere Zusatzfunktionen „Measure Plan“ und „Measure Facade“
Diese Funktionen sind wirklich High-End. Sie benötigen die P2P Technologie; diese Abkürzung steht für „Point to Point“, das heisst es werden nicht nur Entfernungen sondern auch Winkel gemessen. Dabei sind es nicht nur Vertikalwinkel (das können einige Geräte) sondern auch Horizontalwinkel, die gemessen werden.
Diese Anforderungen können mit dem DISTO S910 oder mit den DISTO X3 oder X4 zusammen mit dem Leica DST360 erfüllt werden. Der DST360 ist ein Adapter, der zwischen dem Stativ und dem DISTO x3 oder X4 Laser-Entfernungsmesser eingesetzt wird.
Mit diesen beiden Zusatzfunktionen können von einem Stativstandort aus Grundrisse oder Fassaden aufgenommen werden. Vom Standort aus werden die Raumecken anvisiert und so der Grundriss erstellt.
Fazit
Die App bietet wirklich komplett neues. Dass die Zusatzfunktionen sozusagen „dazu gemietet“ werden müssen, ist umstritten. Dass diese Funktionen einen deutlichen Mehrwert bieten ist klar. Wer sie häufig einsetzen kann, wird die Gebühren gerne bezahlen.
Wer die Zusatzfunktionen nur sporadisch braucht, argumentiert natürlich, dass es zu teuer sei und dass ja schon das Gerät teuer war.
Wir sind gespannt, wie es weitergeht. Wird Leica in diesem Stil weitermachen? Werden andere Hersteller mit eigenen Apps ähnliche Wege einschlagen?
Jans meint
Hallo,leider ist Smart Room mit der Türfunktion (Außenwände)nur für einzelne Räume nutzbar.Die Möglichkeit eine ganze Wohnung aufzunehmen besteht in der Fläche.Das einfügen bzw.anzeigen der Tür zwischen denn einzelnen Räumen ist in der Software nicht klar.
Haben Sie eine Idee?
Mit freundlichen Grüßen
admin meint
Vermutlich waren sich die App-Entwickler bei Leica dieser Einschränkungen bewusst und haben die Funktion daher Smart Room genannt und nicht „Smart Floor Plan“.
Für 2 Räume würde ich mal versuchen durch den Türrahmen zu messen. Dadurch sollte die App bestenfalls einen Raum mit einer „Einschnürung“ generieren, in der dann die Türöffnung liegt. Allerdings glaube ich nicht, dass das besonders gut funktioniert, weil das Messen der Mauerdicke bei der Tür sehr präzis sein muss, sonst ergib sich ein „Verzug“ im Plan.
Einen einfache Lösung für die Fragestellung sehe ich nicht. Wer mit CAD Erfahrung hat, kann mit Smart Room jeden Raum einzeln aufnehmen, dann als DXF exportieren und die Räume im CAD zusammenfügen. Das wäre einen Versuch wert.
Beste Grüsse
Jens Pohlig-Schmidt meint
Hallo, da Wände nicht nur senkrecht im Raum stehen und es auch noch Schrägen gibt, würde mich gern interessieren, wie man Schrägen ein messen kann und auch die entsprechende Auswertung dazu erhält.
Vielen Dank für die schnelle Antwort.
Willy Matthews meint
Hallo
Hier kommt hoffentlich eine rekordschnelle Antwort.
Die Funktion „Smart Room“ erzeugt nur senkrechte Wände.
Für Wände, die nicht sauber im Lot stehen, würde ich mit Dreiecken kontrollieren, das heisst z.B. in ca 5 m Abstand zur Wand den exakten Abstand messen und dann die schräge Distanz bis in den Übergang Wand/Decke und dann noch die Höhe vom Boden (Zielpunkt der ersten Abstandsmessung) bis zur Decke (Zielpunkt der zweiten Abstandsmessung).
Wer einen Entfernungsmesser hat, der über P2P verfügt, kann alle Eckpunkte des Raums mit Koordinaten aufnehmen und das ganze Modell im CAD-Format exportieren.
Viel Erfolg beim Messen!
Kabisch meint
Hallo,
Bitte um Hilfe für Leica Disto D 110. Exportierte dxf und dwg Datein können in AutoCAD LT oder ArchiCAD nicht gelesen werden.
Beste Grüße
Willy Matthews meint
Hallo
Bei meinen Tests hat der Export geklappt und beide Datenformate konnten von der CAD-Software (Microstation von Bentley) geöffnet werden.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Datenformat problematisch ist. Eventuell ist die CAD-Software sehr alt oder beim Export der Daten geht etwas schief.
Vom Entfernungsmesser (Disto D 110) hängt das Problem wohl kaum ab. Ist eventuell das Smartphone / Tablet nicht auf dem erforderlichen Stand?
Beste Grüsse
Matthias meint
Hallo,
Ich habe einige Fragen zum „Test von Smart Room mit Raum 2“.
Hatt der Disto X4 die Raumwinkel einfach durch flaches Auflegen auf die Wandfläche erkannt? Wie funktioniert das?
Können nach dem Aufmaß in der App Diagonalen gemessen werden und die Raumwinkel im Plan ändern sich dann automatisch ab?
Könnten Schräge Fensterlaibungen auch eingemessen werden?
Ich hoffe es sind nicht zu viele Fragen, danke im Vorraus!
Willy Matthews meint
Hallo Matthias
Ja der Disto X4 erkennt die Winkel automatisch. Wichtig ist, dass eine Wand nach der anderen gemessen wird und das Display immer zur Raummitte zeigt. Wie es genau funktioniert, weiss ich nicht, mit grosser Wahrscheinlichkeit stecken Bewegungssensoren im X4. Die genauen Winkel werden wohl nach dem Schliessen des Vielecks ermittelt.
In meinem Test passten die Winkel schon ohne die Diagonalenkontrolle, daher war kein nachträgliches Korrigieren nötig. Bemerkenswert ist, dass in einem der Testräume nur 2 der 4 Winkel 90 Grad messen.
Ich nehme an, dass mit den schrägen Fensterlaibungen zum Beispiel Dachfenster gemeint sind. Recht gut messen kann man die natürlich wie mit allen Laserentfernungsmessern, die einen Neigungsmesser haben. Wenn die Laibungen im CAD Format gespeichert werden sollen, kann das eventuell als „Baugrube“ funktionieren. Das müsste ich aber noch genauer testen.
Beste Grüsse
Willy Matthews